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Ein Bericht von Gerhard Kemmler.

Energiepolitisches Programm von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Thüringen, beschlossen am 8. Dezember 2007: „Optimierung der Rahmenbedingungen für den Neubau von Klein-Wasserkraftwerken. Insbesondere bei letzterem Aspekt ist durchaus ein höheres Potenzial möglich, auch wenn dem die erwähnten naturschutzrechtlichen Belange (z. B. die EU Wasserrahmenrichtlinie) entgegenstehen“. Daran fühlt sich offenbar das „Grüne“ Umweltministerium heute immer noch gebunden.

Es brüskiert Angler- und Umweltverbände und verweigert den Widerruf eines Verwaltungsaktes für den Bau eines Miniwasserkraftwerkes, dessen Turbine im Natura 2000 Gebiet „Mittleres Schwarzatal“ mindestens an 250 Tagen im Jahr wegen Wassermangel keinen Strom erzeugen kann, aber das Gebiet und die WRRL-Ziele erheblich beeinträchtigen wird. Laut zuständigem Bundesministerium können Kleinkraftwerke unter 200 KW Nennleistung nicht wirtschaftlich betrieben werden. Also Geldwäsche oder Steuerabschreibungsmodell mit EEG-Förderung?

Zur Erinnerung: 7500 Kleinwasserkraftanlagen haben nahezu allen Flüssen wesentliche ökologische Funktionen genommen und fragmentiert. Und das für 0,3 % der Gesamtstromerzeugung.

Vorgeschichte

Alle zwei Jahre rufen die NaturFreunde Deutschlands und der DAV/DAFV seit dem Jahr 2000 die Proklamation „Flusslandschaft des Jahres“ aus. Nach – der Gottleuba (Sachsen), der Ilz (Bayern) und der Havel (Brandenburg) wurde 2006 die Schwarza im gleichnamigen Natura 2000 Gebiet als eine der schönsten und wertvollsten Flusslandschaften Thüringens vom gemeinsamen Fachbeirat Gewässerökologie ausgewählt. Unter der Schirmherrschaft des damaligen Umweltministers Volker Sklenar (CDU) fiel am 22.03.2006 im Pumpspeicherwerk Goldisthal (Vattenfall) in einem feierlichen Rahmen der Startschuss. Die „Schwarza“ ist Lebensraum des Bachneunauges und der Westgroppe (Fisch des Jahres 2006), beides Arten des Anhang II der FFH-Richtlinie. Im Fluss befinden sich aber auch die wichtigsten Laichgebiete des Saale-Einzugsgebietes zwischen Jena und Rudolstadt für die bedrohten Bestände der Bachforelle und der Äsche sowie des zurzeit in Thüringen noch ausgestorbenen Lachses.

Die Schwarza ist Brut- und Nahrungshabitat der Wasseramsel, der Gebirgsstelze, des Eisvogels sowie Rast- und Durchzugsgebiet des Flussuferläufers. Mit dem Bau der Trinkwassertalsperre Leibis und dem Pumpspeicherwerk Goldisthal wurden gewaltige Eingriffe in die Landschaft am Rande des Schwarzatales vorgenommen. Solche Großprojekte erfordern immer Ausgleichs- oder Kompensationsmaßnahmen. Diese wurden in hohem Maße zur Herstellung der Durchgängigkeit des stark fragmentierten Flusses im Sinne der FFH- und Wasserrahmenrichtlinie vorgesehen. Vattenfall verbesserte an 17 Querbauwerken in der Mittleren Schwarza die Durchgängigkeit. In der unteren Schwarza waren 8 Querbauwerke durch die Thüringer Fernwasserversorgung fischpassierbar durch Abriss oder Umbau durchgängig zu machen. Die Maßnahmen wurden durch Planfeststellungsverfahren begleitet.

Neben den Veranstaltungen und Dokumenten im Rahmen der Flusslandschaft des Jahres koordinierte und organisierte der Verband für Angeln & Naturschutz, Thüringen e.V. begleitende Aktivitäten:

  • Beteiligung am 120 km langen Schwarzatalpanoramaweg. Mithilfe bei der Entwicklung eines Marketingkonzeptes
  • In diesem Zusammenhang Erstellen eines Fischlehrpfades unter Mithilfe und Pflege der Vereine an der Schwarza Bachpatenschaften mit der Europa-Umweltschule Steinheid
  • Projekt Elritzen Ansiedlung in den Mühlgräben des Schwarzatales gemeinsam mit der Thüringer Fernwasserversorgung
  • die „restlichen“ Wehrumbauten bis zum Jahr 2008 fachlich begleiten; dazu Übernahme von Wehrpatenschaften

Insoweit eine tolle Erfolgsgeschichte für die Schwarza! Allerdings bekam diese Story bereits 2009 dunkle Flecken. Im PlanfeststelIungsbeschluss vom 21. März 1996 für das Pumpspeicherwerk Goldisthal verlangte man eine vollständige Kompensation der Barrierewirkung von Stauanlagen durch Beseitigung von Wehren in der Schwarza und Nebengewässern. Im Planfeststellungsverfahren zum Rückbau des zerfallenen Wehres „Rote Mühle“ wurde Vattenfall vom Thüringer Landesverwaltungsamt gefordert, statt des kostengünstigeren Wehrabrisses eine aufwendige Sohlgleite am Standort zu installieren. Mit diesen Mitteln hätten weitere Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden können. Am 12. Mai 2009 geschah das Unglaubliche.

Die Behörde erteilte in einem „Planergänzungsbeschluss“, sie dienen normalerweise der Berücksichtigung neuerer umweltfreundlicher Erkenntnisse bei Projekten, die Erlaubnis für ein Wasserkraftwerk, das den Stau der Sohlgleite zur Ableitung in den Mühlgraben nutzen soll. Im Beschluss ist zu lesen: „Die Maßnahme kompensiert Eingriffe in Natur und Landschaft, die durch das Pumpspeicherwerk Goldisthal entstanden sind. Sie stellt selbst keinen Eingriff dar, da hierdurch die naturschutzfachlichen Verhältnisse wesentlich verbessert werden. Das Vorhaben ist Bestandteil der behördlich angeordneten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und stellt keinen Eingriff im Sinne des Naturschutzrechtes dar. Seitens der oberen Naturschutzbehörde wurde bestätigt, dass keine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebietes Schwarzatal eintreten kann.

Das Vorhaben ist daher genehmigungsfähig. Antwort des Ministers Reinholz (CDU) in Drucksache 5/5310 05. Dezember 2012 Kleine Anfrage (SPD): „Der Standort des Krafthauses des Kleinwasserkraftwerkes befindet sich etwa 50 Meter westlich der Schwarza und außerhalb des FFH-Gebietes. Der Oberflächenwasserkörper „Mittlere Schwarza“, in dem das Kleinwasserkraftwerk liegt, hat bereits den nach EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) geforderten guten ökologischen Zustand erreicht. Insofern wurden auch keine Maßnahmen in das Maßnahmenprogramm nach WRRL aufgenommen“.

Offenbar kannte die obere Naturschutzbehörde das Europarecht nach Art. 6 (3) FFH-Richtlinie 92/43 EWG nicht. Danach sind auch Projekte die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen zu berücksichtigen, wenn die Erhaltungsziele beeinträchtigt werden könnten.

Am 9. Mai 2012 gab es den ersten „Aufschrei“ in der Presse. Es folgten weitere 8 Artikel und Strafanzeigen gegen die Behörde bis zur Generalstaatsanwaltschaft. Auch ging eine Beschwerde an die EU-Kommission durch VANT und BUND. Der öffentliche Druck veranlasste das Landesverwaltungsamt am 02. August 2012, einen Baustopp zu verhängen und setzte ein neues Planfeststellungsverfahren mit der Begründung an, die 500 m lange Betonrinne (Mühlgraben) entspräche nicht den Festlegungen im Planergänzungsbeschluss. Dort haben wir nichts dazu gefunden.

Neues Planfeststellungsverfahren

Ein neues Planfeststellungsverfahren endete mit der erneuten Bestätigung des Kraftwerkes im Planänderungs- und Planfeststellungsbeschluss vom 20. Oktober 2015. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass alle Gründe, die zur Baueinstellung führten, in der Abwägung zugelassen wurden. Immerhin waren das nicht genehmigte Abholzen Tausender m² im streng geschützten Lebensraumtyp Anhang I Auenwald Code 91E0*, Code 6430 Sumpfhochstaudenflur und Code 3260 Fließgewässer - Ufervegetation. Im durch Verordnung geschützten Naturpark Thüringer Wald wurde eine 560 m lange Betonrinne, ein Kleinwagen käme da durch, ebenfalls ohne Genehmigung errichtet und schließlich erlaubt. Eine Rechtfertigung durch ein übergeordnetes öffentliches Interesse liegt nach der gültigen Rechtsprechung nicht vor. Danach ging wegen der Auflagen und Nebenbestimmungen der Betreiber in Widerspruch und vor Gericht. Das Verwaltungsgericht Gera urteilte im Verfahren 5 K 1102/15 Ge am 2. März 2017 gegen wichtige Nebenbestimmungen.

Mit Hilfe von horizontal in Fließrichtung ausgerichteten Borsten soll ein Einschwimmen von Fischen in den Untergraben verhindert werden. Dazu stellt das Gericht Seite 16 2. fest, die Auflage, ein fischereibiologisches Monitoring durchzuführen, um die Wirksamkeit der Einschwimmsperre zu überprüfen (Punkt B. IV. 5.8), ist ebenfalls rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Für die Funktionsfähigkeit der Einschwimmsperre kommt es darauf an, dass „mindestens 90 Prozent der aufsteigenden Fische, also aller Fische, daran gehindert werden sollen, die Einschwimmsperre zu passieren und in Richtung Ausleitungsstrecke geführt werden sollen“. Den Richter hat sicher niemand gefragt, wie das ohne Monitoring überprüft werden soll. Funktionierende Einschwimmsperren sind bisher nicht veröffentlicht. Auch die Auflage, die Daten der Messsonden zur ständigen Kontrolle der Mindestwasserabgabe durch das 30 km entfernte Landratsamt im Internet zugänglich zu machen (Punkt B. IV. 9.2), sei dagegen rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Ein Betriebstagebuch zu führen (Punkt B. IV. 9.4 Satz 2), sei dagegen rechtmäßig.

3 Jahre bestand in der Öffentlichkeit die Hoffnung, dass das Streitprojekt „Wasserkraft Rote Mühle“ ein glückliches Ende genommen hat.

Das zuständige Landratsamt, die Thüringer Landesanstalt für Umwelt & Geologie (TLUG) und alle beteiligten Umweltverbände hatten im nachträglichen Planfeststellungsverfahren 2015 mit stichhaltigen Argumenten dieses Projekt strikt abgelehnt. Da kennen sie die Thüringer Verantwortlichen aber schlecht. Am 6. April 2019 berichtete die Ostthüringer Zeitung, dass noch 2019 von der Wasserkraftanlage „Rote Mühle“ Strom geliefert werden soll.

Merkmale der Wasserkraftanlage

Die Entnahme von max. 2 m³/s Schwarzawasser wurde zugelassen. Damit sollen 105 KW bei einer Fallhöhe von 4,5 m erzeugt werden. Nimmt man 500 m³/s als minimalstes Betriebswasser an, so könnte ab 1,417 m³/s incl. Mindestwasser und Bypässe Strom erzeugt werden. Allerdings hätte diese geringe Wassermenge 2016 an 274 Tagen nicht zur Verfügung gestanden. Im Sommerhalbjahr 2018 flossen in der Schwarza nicht einmal 0,20 m³/s und 2019 sieht es nicht anders aus. Das Fischabstiegssystem entspricht nicht dem Stand der Technik und den verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen. Allein die Veröffentlichungen zu wissenschaftlichen Untersuchungen an den Standorten Unkelmühle und Auerkotten, lassen erkennen, dass rohrartige Fischabstiegssysteme kaum angenommen werden, regelmäßig verklauseln und verlegt sind, also sind sie für die Durchgängigkeit nutzlos. Jungfische und Fischbrut stellen über 95 % der Individuen in Fließgewässern dar, die nicht vorm Eindringen in die Turbine geschützt werden können (Forum-Fischschutz). Die Fallhöhe von 4,5 m ist für Fische nicht ungefährlich. Ebenso passen Erhaltungszielarten Bachneunauge und Groppe größtenteils durch den 10 mm Vertikalrechen. Fischabwanderungen finden bekanntlich vorwiegend bei Abflusserhöhungen statt, sodass ausgerechnet da die Turbine betrieben werden kann. Wie später einmal adulte Lachse und Meerforellen, die besonders zur Arterhaltung wichtige 2. Abwanderung durch das Kraftwerk mit unterdimensionierten Abwanderungseinrichtungen in den Atlantik gelangen sollen, bleibt ein Rätsel.

Betroffene Schutzgüter im Natura 2000 Gebiet

Zitat Planfeststellungsbeschluss: „Bezüglich der Eingriffe in das Gewässerökosystem ist festzustellen, dass diese Eingriffe insbesondere durch die Ableitung aus der Schwarza bereits mit Planergänzungsbeschluss vom 12. Mai 2009 zugelassen wurden und nicht Gegenstände der hier zu treffenden Planfeststellungsentscheidung über den

vorliegenden Antrag sind“.

a) Lebensraumtyp Code 3260 Fließgewässer mit flutender Wasserpflanzenvegetation

Die beeinträchtigte Ausleitungsstrecke von 650 m/ ca. 8000 m² Wasserfläche wird durch Mittelwasserentzug wird der LRT 3260 erheblich geschädigt, was die Bagatellgrenze von 25 m² nach § 30 – Biotope nach BNatSchG und nach BfN Fachkonvention 2007 deutlich überschreitet. Zum Fließgewässerlebensraum Code 3260 gehört auch das Ufer mitsamt der Ufervegetation und Gehölzen, die auf 200 m entfernt wurden.
Außerdem sind Vorkommen von fließgewässerbegleitenden Gehölzen nach prioritären Lebensraumtyp (LRT 91E0*) betroffen. Streng geschützt! Die in der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) angegebenen Flächenverluste von 90 m² erscheinen angesichts des tatsächlichen Ausmaßes stark untertrieben. Es ist wohl eher davon auszugehen, dass hier sogar der § 329 (4) Strafgesetzbuch greift, da Flächenverluste der Lebensraumtypen Anhang I nach FFH- Richtlinie grundsätzlich zu vermeiden sind.

Uferbereinigung mit der Vernichtung des Lebensraumes Ufervegatation Foto: Gerhard KemmlerUferbereinigung mit der Vernichtung des Lebensraumes Ufervegetation Foto: Gerhard Kemmler

b) Erhaltungsziele und charakteristische Arten

Das Geschlechterverhältnis ist insbesondere beim Bachneunauge sehr relevant, da nur wenige adulte Tiere jedes Jahr sich reproduzieren und zum Fortbestand von mehreren Tausend Querdern beitragen. Neunaugen als langlebige Organismen mit 15 Jahren und mehr, sind besonders sensibel auch gegenüber Störeinflüssen. Die Laichpopulationen von Lampetra planeri können auch aufgrund der natürlichen Populationsdynamik sehr klein sein und nur wenige adulte Exemplare umfassen. Die Abdrift von Querdern und stromauf gerichtete Wanderungen adulter Tiere sind inhärente Prozesse der natürlichen Lebensstrategie von Neunaugen. Allein dieses Vorhaben, kann die Population in Teilen des FFH-Gebietes auslöschen. Die übrigen charaktreristischen Arten wurden nicht beachtet.

c) andere betroffene Arten

Der Eisvogel hat es in der Schwarza schwer, in strengen Wintern zu überleben. Es ist anzunehmen, dass die Vernichtung großer Teile von Kleinfischen durch die Wasserkraftanlage diesen Vögeln erhebliche Teile der Nahrungsgrundlage entzieht. Durch den reduzierten Wasserdurchfluss in der Ausleitungsstrecke wird die Entwicklung gefährdeter Wirbelloser gebremst, die ebenfalls Nahrungsgrundlage geschützter Arten sind.

Fazit

Wenn auch für die Mittlere Schwarza der „gute Zustand“ auch ohne Durchgängigkeit für Wanderfische verkündet wird, nur weil die Regierung europarechtswidrig die Fischzönose so manipulierte, dass die eigentliche Leitfischart Lachs mit 0,1 % Anteil (nach Handbuch fiBS 5-7 %) in dem Rechenmodell des fischbasierten Bewertungssystems „fiBS“ quasi aus der Wertung fällt, allerdings hier nach der EU- Wasserrahmenrichtlinie bis Dezember 2015 nachzuweisen war. Übrigens scheint die fragwürdige Ausweisung „gutes ökologischen Potenzial“ für die unteren Saale in Sachsen- Anhalt für das „grüne“ Umweltministerium im Aufwanderungskorridor nach Thüringen eine ähnliche Argumentation zu gelten, wie in Thüringen. Guter Zustand erreicht - nun kann jedes Querbauwerk mit Wasserkraft „aufgerüstet“ werden. Natürlich ist dieses „Treiben“ längst in der EU-Kommission bekannt. Die Länderarbeitsgruppe Wasser (LAWA) hat nun reagieren müssen und stellt fest, dass ein Wasserkörper, der nach fiBS als „gut“ bewertet wurde, jedoch nicht ökologisch durchgängig ist, aufgrund einer Experteneinschätzung abgewertet werden kann (eigentlich „muss“). Hintergrund ist, dass im Bewertungssystem die Anforderungen von Wanderfischen unterrepräsentiert sind. Also die Finte mit 0,1 % Anteil Atlantischer Lachs der Fischartenzusammensetzung.

Schließlich verstößt die Genehmigung „Rote Mühle“ grundsätzlich gegen Artikel 4 Absatz 7 der Wasserrahmenrichtlinie. Mehr als 20 erheblich negative Wirkfaktoren durch Wasserkraft sind der FFH-VP Infodatenbank des BfN unter Projekttyp 09, Anlagen zur Energieerzeugung, Wasserkraftanlage zu entnehmen und sind im Verfahren weitestgehend nicht erfasst.

Das Thüringer Umweltministerium hat den „Schuss“ offenbar immer noch nicht gehört! Meine Forderung über den Umweltausschuss herangetragen, dieses skandalöse rechtswidrige Projekt zu stoppen, wurde in diesen Tagen abgelehnt. Der Ausschuss informierte am 03. Juli 2019 über die Entscheidung. „Das Ministerium sehe keine Chance, die Anlage generell zu verhindern, da keine Rechtsfehler im Urteil des Geraer Gerichts erkennbar wären“. Typisch!

Das Gericht hatte nur über die Nebenbestimmungen gemäß Klage zu entscheiden. Allerdings ein Armutszeugnis für die Justiz, dass es die grundsätzliche Rechtswidrigkeit des Verfahrens und das Fehlen jeglichen Nutzens für die Allgemeinheit nicht betrachtet hat. Solche Verhaltensweisen von Gerichten bei Wasserkraft kennt man bereits.

Auch das dürfte in Thüringen und Sachsen-Anhalt durch die Umweltberichte bekannt sein. In einer qualifizierten Anfrage hat die Bundestagsfraktion B 90/Grüne zur Drucksache 19/10487 alarmierende Antworten erhalten: 76 Prozent der Lebensraumtypen (LRT) der Binnengewässer der FFH-Richtlinie befinden sich demnach überwiegend in einem ungünstigen Erhaltungszustand. 42,7 Prozent der Süßwasserfische und Neunaugen stehen auf der Roten Liste Deutschlands. Als wesentliche Gefährdungsursachen technisch orientierter Gewässerausbau insbesondere durch Gewässerregulierung und Querverbau, Wasserkraft und Kühlwassernutzung, Nährstoff- und Feinsedimentbelastung sowie der Klimawandel genannt. Der Zustand der bewerteten FFH-Schutzgüter wird von der Bundesregierung daher als besorgniserregend eingeschätzt.

Was ist zu tun?

  • Information der breiten Öffentlichkeit
  • Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens bei der EU-Kommission
  • Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit
  • Klage durch Dachverbände zur Durchsetzung Rückbau

Als wirksamste Maßnahme sollten die betroffenen Bundesverbände gerichtlich den Rückbau dieses Projektes einklagen. Die eindeutige Grundlage bildet neben vielen weiteren rechtlichen Gesichtspunkten das Urteil de Gerichtshofes (EuGH) zur Waldschlösschenbrücke in Dresden.

Klar und deutlich hat das höchste Gericht bestimmt; verstößt ein Projekt tatsächlich gegen Umweltrecht, muss es unbeachtlich der Kosten rückgebaut werden Rechtssache C-399/14 Rn. 77: – wie es auch die Generalanwältin in Nr. 70 ihrer Schlussanträge getan hat – ist festzustellen, dass diesen Kosten nicht die gleiche Bedeutung zukommt wie dem mit der Habitatrichtlinie verfolgten Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen“.

Schließlich greift auch das Strafrecht dieses Thema auf. Amtsträger, die eine fehlerhafte Genehmigung nicht zurücknehmen: „Sowohl bei einer von vorne hereinunerkannt – rechtswidrigen (Ingerenz) als auch bei einer nachträglich rechtswidrig gewordenen Genehmigung (behördliche Überwachungspflicht) bejaht die h. M. eine Garantenstellung und kommt somit jedenfalls bei Allgemeindelikten zur Unterlassungstäterschaft“. Dies gilt auch für den Nachfolger des die Genehmigung erteilenden Beamten.

Deutscher Angelfischerverband e.V. (DAFV)

DeutschlandkarteDer Deutsche Angelfischerverband e.V. besteht aus 25 Landes- und Spezialverbänden mit ca. 9.000 Vereinen, in denen mehr als 500.000 Mitglieder organisiert sind. Der DAFV ist der Dachverband der Angelfischer in Deutschland. Er ist gemeinnützig und anerkannter Naturschutz- und Umweltverband. Der Sitz des Verbandes ist Berlin. Er ist im Vereinsregister unter der Nummer 32480 B beim Amtsgericht Berlin Charlottenburg eingetragen und arbeitet auf Grundlage seiner Satzung.

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